futureSAX-Interview Uwe Horstmann Project A
„Künftig sehen wir auch Potenzial in klimarelevanten Start-ups.“

futureSAX Investoren-Interview mit Uwe Horstmann, Project A
Uwe Horstmann kennt sich mit Gründungen und Startups bestens aus. Schon vor über 10 Jahren – als die Startup-Szene in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckte, stieg er ein und war seitdem in einer Vielzahl von namhaften Gründungsteams dabei. Seit 2012 ist er Partner beim Berliner VC Project A. Wir haben mit dem erfahrenen Entrepreneur über seine Arbeit gesprochen und uns den einen oder anderen Tipp für Gründerteams auf der Suche nach Wagniskapital verraten lassen.
futureSAX: Herr Horstmann, bitte beschreiben Sie Project A in wenigen Worten.
Project A ist ein Operational Venture Capitalist. Das bedeutet, dass den Gründern aus unserem Portfolio neben Kapital auch ein Netzwerk von mehr als 100 hands-on Experten im operativen Bereich zur Verfügung gestellt wird. Project A unterstützt so die Start-ups in allen relevanten Bereichen der Unternehmensentwicklung wie Software Engineering, Marketing, Design, Kommunikation, Business Intelligence, Sales und Recruiting, so dass diese sich langfristig am Markt positionieren können. Dadurch unterscheidet sich Project A von anderen Venture Capitalists.
Project A investiert europaweit und verwaltet 260 Millionen Euro, mit denen vornehmlich digitale Technologie-Startups finanziert werden. Zu unserem Portfolio gehören Unternehmen wie Spryker, sennder, KRY, Catawiki, WorldRemit, uberall, Homeday und Voi.
futureSAX: Sie beschreiben sich als „The Operational VC“ – welche Vorteile bietet dieser Ansatz einerseits für Sie als Kapitalgeber, andererseits für die Gründer in ihrem Portfolio?
Mit dem Operational-Ansatz befähigen wir die early-stage Start-ups unseres Portfolios, ihre Strukturen auf lange Sicht und von Anfang an auf hohem Niveau zu etablieren. Wir unterstützen zum einen mit Beratung als auch in der Umsetzung operativer Maßnahmen mit dem Ziel, die Gründer zum bestmöglichen Erfolg zu führen. Gerade durch den operativen Ansatz, den wir verfolgen, können wir sicherstellen, dass die Ventures in business-relevanten Bereichen wie z.B. Recruiting, Marketing, Kommunikation, Sales, Product, BI und IT qualitativ sehr hochwertigen Support erhalten. Im Gegensatz zu anderen Venture Capitalists bieten wir unseren Gründern damit einen wirklichen Mehrwert an. Das führt auch dazu, dass wir für viele Gründer attraktiver sind, da sie exklusiven Zugriff auf dieses Know-How haben. Auch wenn wir niemanden verpflichten, unsere Services in Anspruch zu nehmen, greifen die meisten Gründer darauf zurück, um einfach Zugang zu Cutting Edge Services und Technologien zu erhalten.
futureSAX: Ihr Team kann bereits große Erfolge mit Beteiligungen im eCommerce wie z.B. an Zalando, Trivago oder Groupon vorweisen. Welche Branchen und Technologien sind aktuell für Sie als Investor besonders interessant? Welche Branchentrends sehen Sie?
Uns interessieren neueste Technologien in den Geschäftsfeldern Logistics, Mobility, PropTech, Industrie 4.0, FinTech, Business Software, Digital Health und anderen, in denen wir großes Wachstumspotenzial sehen.
Zuletzt haben wir zusammen mit anderen Investoren in sennder im Bereich Logistik investiert. Die sennder GmbH, die in diesem Jahr 100 Millionen Dollar Kapital einsammeln konnte, überzeugt mit einer eigens entwickelten Softwareplattform, die zu einem weiten Netzwerk ausgebaut werden soll, um so Händler und Transportunternehmen miteinander zu verbinden. Während traditionell im Logistik-Markt noch viel mit Fax und Telefon abgewickelt wird, werden durch die digitale Plattform von sennder Prozesse ungemein vereinfacht und effizienter ausgesteuert. Schon nach kurzer Zeit entwickelte sich sennder daher zu einer Spitzen-Company, die aktuell mit 7.500 kleineren Unternehmen zusammenarbeitet.
Mit dem Investment in das, in Schweden bereits erfolgreiche, Start-up KRY haben wir vor drei Jahren den Markt von Digital Health betreten, wo auch in den nächsten Jahren von einem starken Wachstum auszugehen ist. KRY verkürzt durch Video-Counseling nicht nur Wartezeiten, sondern schafft Mehrwert dadurch, dass kompetente medizinische Hilfe ortsunabhängig und unmittelbar zur Verfügung steht.
Auch E-Mobilität ist ein spannendes Feld! Wenn davon auszugehen ist, dass bis zum Jahr 2030 mehr als zwei Drittel der europäischen Bevölkerung in Städten leben wird, dann werden Fragen der Mobilität und zugleich auch Fragen des Umweltschutzes in den engeren Fokus rücken. Die Investition in die E-Scooter von Voi ist eine Antwort auf Fragen der Mikromobilität, die sich durch die sehr gute Annahme des Produkts direkt bei Markteinführung bestätigt hat.
Aber auch der hinsichtlich von Anwendungs- und Finanzbereichen recht ausdifferenzierte Fintech-Markt verändert sich aktuell im Hinblick auf innovative Technologien ungemein. Project A hat erst kürzlich in zwei Start-ups investieren können, die da sehr zukunftsträchtige Technologien entwickelt haben. So hat die Carl Finance GmbH eine digitale Lösung geschaffen, um die Prozessabwicklung bei Nachfolgeregelungen im Fall von Unternehmensübernahmen zu vereinfachen. Dies wird derzeit insbesondere für den deutschen Mittelstand zu einem relevanten Thema.
Aber auch Trade Republic bietet ganz neuen Mehrwert, indem der Handel mit Aktien, ETFs und Derivaten im Prinzip für jedermann vereinfacht zugänglich gemacht wird, ohne hohe Orderprovisionen. Die Trade Republic Bank gilt, obwohl erst 2019 gestartet, schon jetzt als Vorreiter des mobilen und provisionsfreien Brokerages. Dass Trade Republic mit diesem Angebot genau den Nerv der Kunden trifft, zeigen auch die hohen Anmeldezahlen: Nur rund drei Monate nach Marktstart liegt die Anzahl der Depoteröffnungen bereits im fünfstelligen Bereich.
Künftig sehen wir auch Potenzial in klimarelevanten Start-ups. Aber hier sind wir noch beim Monitoring.
futureSAX: Von Frühphaseninvestoren hört man immer, dass vor allem das Team entscheidend ist. Welche grundsätzlichen Voraussetzungen sollte dieses erfüllen, damit Sie investieren?
Jedes Jahr sichten wir in etwa 8.000 Start-ups. Diese stellen entweder selbst eine Anfrage direkt an uns oder werden von uns gefunden. Nur etwa zehn davon werden dann zu tatsächlichen Investments.
Im Auswahlprozess gehen wir mit den Gründern durch verschiedene Stages vom Pre-Screening, Management Meeting mit dem Investment Team sowie den geschäftsführenden Partnern von Project A, durch die wirtschaftlichen Aspekte in der Commercial Due Diligence über die Operational Due Diligence Phase bis hin zur rechtlichen Überprüfung. Dies alles sind die formalen Schritte der Überprüfung, die sehr sorgfältig angegangen werden muss. Was uns darüber hinaus neben dem Produkt, Business Modell und dem Timing sehr wichtig ist, sind die Gründerpersönlichkeiten und Kompetenzprofile. Faktoren wie, welche relevanten Erfahrungen, welche Branchenkenntnisse sind vorhanden oder der Team-Product-Market-Fit, aber auch Soft Skills wie Authentizität oder intellektuelle Größe sehen wir uns sehr genau an. Neben allen Aspekten der wirtschaftlichen Seite zählen auch besonders diese menschlichen Faktoren, da wir mitunter über Jahre mit den Gründern zusammenarbeiten. Mit dieser holistischen Herangehensweise versuchen wir alle Dimensionen auszuleuchten, um das VC Case Potential zu kennen, eine gute Umgebung für den Exit zu schaffen und so die Basis für die Fund Returnability sicherzustellen.
„Awards sind nicht nur eine interessante Lösung für Start-ups, um Publicity zu generieren, sondern vor allem die Sieger von Gründerpreisen erhalten durch die mediale Aufmerksamkeit einen Vertrauensvorschuss.“
Uwe Horstmann, Founding Partner Project A Venture Capital
futureSAX: Sie werden im Rahmen der Sächsische Investoren Roadshow am 17. September 2019 in Berlin die Keynote halten. Als Investor bekommt man auf diesen Veranstaltungen mit vielen Ideengebern in Kontakt: Welche sind die häufigsten Fehler, die Startups beim Pitch machen? Gibt es Elemente in Start-up-Pitches, die bei Ihnen besonders gut ankommen?
Wir beobachten immer wieder, dass die Start-ups sich in ihren Präsentationen beim Pitch zu wenig voneinander unterscheiden und da auf eine Einheits-Marketing-Schiene setzen. Mitunter ist auch nicht zu erkennen, welchen echten Kundenneed sie mit dem geplanten Angebot zu erfüllen versuchen. Für uns zählt natürlich der Innovationsgrad der Technologie und auch das Mind-Set der Gründer. Wir brauchen nicht nur die reine Idee für ein Start-up, sondern eher die fundierte neuartige Lösung, mit der wirklicher Mehrwert geschaffen wird.
futureSAX: Warum sind Wettbewerbsteilnahmen wie z.B. Sächsischen Gründerpreis Ihrer Meinung nach empfehlenswert?
Awards sind nicht nur eine interessante Lösung für Start-ups, um Publicity zu generieren, sondern vor allem die Sieger von Gründerpreisen erhalten durch die mediale Aufmerksamkeit einen Vertrauensvorschuss, da sie sich dem Vergleich stellen. Ein Gewinn, der sich vielleicht nicht in erster Linie in konkreten Zahlen ausdrückt, der aber auf das Konto der öffentlichen Wahrnehmung des Start-ups einzahlt und so durchaus das Potential eröffnet, mögliche Käufer- und Interessentenschichten zu erreichen. Für uns als Venture Capitalist ist natürlich immer interessant, welche Konzepte prämiert werden und welche Gründerpersönlichkeiten dahinterstehen. Gerade der Sächsische Gründerpreis arbeitet mit einem starken Partnernetzwerk zusammen, das sich in der Region zum Vorreiter entwickelt hat. Auch für Project A ist ein stabiles, tragfähiges Netzwerk bestehend aus Investoren, Gründern und Talenten einer der wichtigsten, vielleicht sogar der wichtigste Faktor überhaupt, um vertrauenswürdige, zukunftsrelevante Technologien zu erkennen, in diese zu investieren und um mit unseren operativen Services dann auch auf längere Sicht gut unterstützen zu können.
futureSAX: Vielen Dank für das Interview.
Kurzprofil PROJECT A:
Investitionsfelder: Digital Health, Education, Logistics, Industrie 4.0, PropTech, Business Software, Travel, Agriculture, Mobility, FinTech
Einstiegsphase: early-stage Start-ups
Initiale Ticketgröße: EUR 500k - 5 Mio. Initiale Investitionshöhe
Mehr Informationen zu Project A finden Sie auf der Website.