futureSAX-Interview Prof. Kratzsch HS Zittau/Görlitz
„Darüber hinaus gilt es, Erzeuger und Verbraucher miteinander zu vernetzen.“
futureSAX-Interview mit Prof. Dr.-Ing. Alexander Kratzsch, Professor an der Hochschule Zittau/Görlitz

Das Institut für Prozesstechnik, Prozessautomatisierung und Messtechnik der Hochschule Zittau/Görlitz arbeitet interdisziplinär auf den Gebieten der Mechatronik und Energietechnik. Dabei hat es vor allem den wissenschaftlich-technischen Fortschritt im Blick, der für einen nachhaltigen Standort Sachsen wichtig ist. Im Interview erzählt Prof. A. Kratzsch über das IPM, Sachsen als Standort und wag einen Ausblick in die Zukunft.
Das Institut für Prozesstechnik, Prozessautomatisierung und Messtechnik der Hochschule Zittau/Görlitz arbeitet interdisziplinär auf den Gebieten der Mechatronik und Energietechnik. Dabei hat es vor allem den wissenschaftlich-technischen Fortschritt im Blick, der für einen nachhaltigen Standort Sachsen wichtig ist. Im Interview erzählt Prof. A. Kratzsch über das IPM, Sachsen als Standort und wag einen Ausblick in die Zukunft.
futureSAX: Prof. Kratzsch, bitte beschreiben Sie Ihre Einrichtung in wenigen Worten.
Prof. Kratzsch: Das Institut für Prozesstechnik, Prozessautomatisierung und Messtechnik der Hochschule Zittau/Görlitz ist interdisziplinär aufgestellt und arbeitet vorwiegend auf den Gebieten Mechatronik und Energietechnik. Unsere Forschungsaktivitäten sind durch einen hohen anwendungsorientierten Anteil charakterisiert. Etwa die Hälfte unserer Drittmittel werben wir aus der Industrie ein. Die andere Hälfte kommt aus Mitteln der EU, des Bundes und des Freistaates Sachsen.
futureSAX: Welche Bedeutung hat der Wissens- und Technologietransfer aus Ihrer Sicht für die wirtschaftliche Entwicklung in Sachsen?
Prof. Kratzsch: Der Freistaat hat in den letzten 25 Jahren eine gute und vor allem nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung vollzogen. Ein wichtiger Beitrag zu diesem Erfolg ist die wissenschaftliche Innovationkraft der Unternehmen, Forschungseinrichtungen, Universitäten und Hochschulen. Daraus leitet sich auch die Notwendigkeit des Wissens- und Technologietransfers ab. Nur durch einen permanenten wissenschaftlich-technischen Fortschritt können die sächsischen Unternehmen am Markt bestehen. Darüber hinaus stellt ein breiter Transfer auch sicher, dass insbesondere in den öffentlich finanzierten Forschungsstrukturen die wissenschaftliche Arbeit auch anwendungsorientiert ausgerichtet ist.
futureSAX: Das IPM ist das größtes Forschungsinstitut der Hochschule Zittau/Görlitz. Was macht den Erfolg aus?
Prof. Kratzsch: Den größten Anteil an unserem Erfolg haben zweifelsohne unsere engagierten Projektleiter und Wissenschaftlerinnen.
Weiterhin arbeitet das IPM sehr stark anwendungsorientiert. Das macht uns für unsere Kunden aus der Industrie attraktiv. Wir versuchen immer einen guten Mix aus öffentlich- und industriefinanzierten Forschungsvorhaben herzustellen. Dadurch haben wir die Möglichkeit, uns im Rahmen der öffentlichen Finanzierung methodisch weiterzuentwickeln. Dieses Know-How können wir dann in den sehr kurzfristigen Industrieprojekten abrufen. Ein sehr gutes Beispiel hierfür ist das Zittauer Kraftwerkslabor. Mit Mitteln des Freistaates Sachsen und der Europäischen Union haben wir seit 2011 eine beeindruckende experimentelle Infrastruktur auf dem Gebiet „Energieeffizienz“ entwickelt und aufgebaut. Damit sind wir nun auch in der Lage, wichtige Fragestellungen z. B. zur Energiespeicherung im großtechnischen Maßstab experimentell zu untersuchen.
futureSAX: Das IPM arbeitet auf den Gebieten Mechatronik und Energietechnik. Gerade die Energietechnik spielt auch im alltäglichen Leben eine immer größer werdende Rolle. Welchen Beitrag leisten Sie als IPM zur Lösung einer der größten Zukunftsfragen unserer Zeit?
Prof. Kratzsch: Das IPM ist auf dem Gebiet der Energietechnik sehr breit aufgestellt. Unsere WissenschaftlerInnen beschäftigen sich mit der Weiterentwicklung von dezentralen Lösungen für die Energieversorgung, mit dem effizienten Einsatz von Energie und mit großtechnischer Energiebereitstellung. Als gemeinsame Klammer für die drei Forschungsfelder sehen wir die Energiespeicherung an. Hier sind wir sehr aktiv. Insbesondere die Bereitstellung von großtechnischen Energiespeicherlösungen ist für eine zuverlässige Versorgung unserer Wirtschaft mit Elektroenergie unabdingbar. Darüber hinaus gilt es, Erzeuger und Verbraucher miteinander zu vernetzen, um das erforderliche Gleichgewicht zwischen Energienachfrage und -bereitstellung zu jedem Zeitpunkt herzustellen.
futureSAX: Was war Ihr Beweggrund, Teil des futureSAX-Know-how-Netzwerkes zu werden, und wie wichtig sind branchenübergreifende Plattformen für den Wissens- und Technologietransfer?
Prof. Kratzsch: Das IPM ist traditionell sehr stark mit der Energiewirtschaft außerhalb Sachsens vernetzt. Wir haben in den letzten Jahren festgestellt, insbesondere im Rahmen der Mitarbeit bei Energy Saxony e.V., dass unser Know-how im Freistaat gefragt ist. Wir möchten deshalb zukünftig mehr als bisher vor der eigenen Haustür auf Partnersuche gehen und gemeinsame Projekte umsetzten.
Wir sind davon überzeugt, dass unser Simulationssystem DYNSTAR ein wichtiges Werkzeug für die simulationsgestütze Konzeptentwicklung auf dem Gebiet der Energietechnik ist. Die meisten enthaltenen Modelle sind validiert und es besteht eine breite Palette von Anbindungsmöglichkeiten an Hardware.
Oder kurz: DYNSTAR kommt in ganz Deutschland und in Schweden zur Anwendung, aber erst in einem einzigen sächsischen Unternehmen.
futureSAX: An welchen „Schrauben“ müsste gedreht werden, damit ein erfolgreicher Wissens- und Technologietransfer im Freistaat noch besser funktioniert?
Prof. Kratzsch: Ich denke, es wird viel für einen guten Wissens- und Technologietransfer getan. Es ist wichtig, dass weiterhin Forschungs- und Entwicklungsprojekte gefördert werden. Hier dürfen auch sehr kleine Unternehmen, die über keinen Ingenieur verfügen, nicht vergessen werden. Es ist derzeit für einen Handwerksmeister sehr schwierig an entsprechende Förderprojekte zu gelangen, wenn er keinen akademisch ausgebildeten Mitarbeiter in seinem Unternehmen nachweisen kann. Dadurch wird derzeit ein großes Innovationspotential nicht erschöpfend genutzt.
Als Professor sehe ich die Herausforderung auf die sächsische Wirtschaft zukommen, dass das Interesse an MINT-Studiengängen bei studierfähigen jungen Menschen sehr stark nachlässt. Technik wird genutzt, aber nicht mehr hinterfragt. Dies gefährdet den Wirtschaftsstandort Deutschland. Es sind demzufolge von allen Akteuren Anstrengungen zu unternehmen, um ein gesellschaftliches Klima zu schaffen, in welchem dem MINT-Bereich die Bedeutung zukommt, die er an der Wertschöpfung hat.
Mehr Informationen zum Institut für Prozesstechnik, Prozessautomatisierung und Messtechnik finden Sie hier.