Customer Co-Creation – Der Schlüssel zum Erfolg? Im Interview mit Prof. Dr. Thorsten Posselt
Customer Co-Creation – Der Schlüssel zum Erfolg? Im Interview mit Prof. Dr. Thorsten Posselt
Im Rahmen des 4. Sächsischen Innovationsgipfels wird es neben verschiedenen Vorträgen u. a. eine Podiumsdiskussion geben. Prof. Dr. Thorsten Posselt (Fraunhofer MOEZ / Universität Leipzig) ist einer von vier Teilnehmern der Diskussionsrunde. In seinem Interview mit futureSAX spricht er über seine Erfahrungen zum Thema „Customer Co-Creation – Der Schlüssel zum Erfolg?“. Für ihn ist die Zusammenarbeit mit den Kunden entscheidend für den Erfolg von Unternehmen. Insbesondere Co-Creation, die Integration von Kunden in Innovationsprozesse, spielt dabei eine maßgebliche Rolle. Denn auf diese Weise lassen sich neue Produkte und Dienstleistungen entwickeln, die sich zielgenau und mit Erfolg an den Wünschen und Bedürfnissen der Kunden orientieren. Die besondere Herausforderung für die Unternehmen besteht darin, die für die Co-Creation relevanten, entsprechend fortschrittlichen Kunden zu identifizieren.
Gemeinsam mit drei weiteren Gästen diskutieren Sie über das Thema „Customer Co-Creation – Der Schlüssel zum Erfolg?“. Welche Erfahrungen haben Sie selbst schon bei der Produktentwicklung von Unternehmen gemeinsam mit ihren Kunden gemacht?
Ich beobachte, dass die Zusammenarbeit mit Kunden entscheidend für den Erfolg von Unternehmen ist. Produkte oder Dienstleistungen gemeinsam zu entwickeln, setzt einen engen Verbund zwischen Unternehmen und Kunden voraus. In allen Bereichen der Wirtschaft, selbst im Konsumgütermassengeschäft und im Dienstleistungsgeschäft, ist mittlerweile diese Co-Creation mit den richtigen Werkzeugen zu implementieren und umzusetzen. Der Aufwand ist abhängig vom Grad der Kundenintegration in den Innovationsprozess. Je nach Kontext eignen sich bestimmte Formen der Kollaboration besser als andere.
Kunden sind heute nicht mehr nur Konsumenten, sondern wollen vielmehr Produkte und Dienstleistungen selbst aktiv mitgestalten. Welche Vorteile hat ein Unternehmen bei der Einbeziehung der Kunden in den Entwicklungsprozess?
Die Vorteile liegen auf der Hand. Co-Creation, die Partnerschaft zwischen Unternehmen und Kunden, bildet eine gute Grundlage, um erfolgreiche Innovationen zu entwickeln und umzusetzen. Durch ihren Designprozess versprechen sie einen hohen Markterfolg. Mitunter gelingt es, Entwicklungen, die in eine falsche Richtung oder am Kunden vorbeigehen, zu vermeiden. Der Kunde entwickelt sich vom Konsumenten zum Prosumer. Der Begriff wurde 1980 vom Zukunftsforscher Alvin Toffler im Buch "The Third Wave" geprägt. Die Prosumenten haben sogar Spaß am Entwicklungsprozess, der als positives Erlebnis empfunden wird.
Neben Vorteilen gibt es natürlich auch Nachteile. Welches sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten Herausforderungen, die ein Unternehmen bei der Einbeziehung seiner Kunden zu bewältigen hat?
Erstens: Die relevanten Kunden sind zu identifizieren. Das sind diejenigen, mit denen Unternehmen tatsächlich Co-Creation zu betreiben gedenken. Zweitens: Eingespielte Abstimmungsprozesse sind mit den Kunden zu entwickeln. Drittens: Immer wieder sind neue Impulse in den beginnenden Co-Creation Prozess einzuspeisen. Dabei ist darauf zu achten, dass es zu keinem Ermüden im Zusammenspiel mit den Kunden kommt. Die Auswahl der Kunden ist von hoher Relevanz und verdient besonderes Augenmerk in den Unternehmen. Schon Ford sagte „ Hätte ich meine Kunden gefragt, was sie gerne haben wollen, dann hätten sie mir gesagt „Schnellere Pferde“. Fortschrittliche Kunden wollen deshalb gut gewählt sein.
Gibt es herausragende Beispiele bzw. bekannte Produkte, die über den Weg der „Customer Co-Creation“ entstanden sind?
Hier lassen sich mehrere Beispiele anführen. Top-Marken wie zum Beispiel FedEx wenden erfolgreich Co-Creation an. FedEx suchte nach einer Lösung, um Gewebe für Organspenden ohne Unterbrechung der Transportkette auf den Punkt zu liefern. Sie entwickelten mit Medizinern und Zulieferern eine ausgeklügelte Logistik-Technologie, die Schlüsseldaten (Ort, Temperatur und Druck) managt. LEGO setzt seit langem auf die Kunden als Ideenquelle. Das Vorzeigebeispiel “Lego Factory” wurde Anfang 2012 eingestellt. Hier konnten eigene Modelle online designed und produziert werden. Derzeit arbeitet der Spielzeughersteller an neuen Ideen zur Gemeinschaftsproduktion mit den Kunden. Deutsche Fahrzeughersteller kennen schon seit längerem den Einsatz sogenannter Konfigurationsfilter auf den Websites. Hier können sich Kunden in einer gewissen Bandbreite ihr Wunschfahrzeug zusammenstellen. Der BMW Konfigurator ist eines der bekannteren Beispiele dieser Art.
Welchen Tipp oder Ratschlag haben Sie insbesondere für mittelständische Unternehmen, damit für diese die aktive Einbeziehung der Kunden der Schlüssel zum Erfolg wird?
Jedes Unternehmen, insbesondere mittelständische Unternehmen, tut gut daran ihre Kunden näher kennenzulernen und mit ihnen in den Dialog zu treten. Das Produkt der Zukunft wird vom Kunden selbst erdacht. Innovationen aus der Sicht der Kunden zu denken und gemeinsam mit ihnen zu entwickeln ist die Herausforderung der modernen Gesellschaft. Die Unternehmer halten den Schlüssel dazu selbst in der Hand. Wer sich frühzeitig Gedanken macht, welche Form von Co-Creation in seinem Unternehmen zu implementieren ist, der ist tatsächlich für die Zukunft vorbereitet und sichert die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig. Der Schritt, den Kunden in bestimmten Phasen des Innovationsprozesses zu integrieren, ist kein leichter. Er ist es jedoch mehr als wert gedacht zu werden und steigert über kurz oder lang den Unternehmenswert.
Was erwarten Sie persönlich vom 4. Sächsischen Innovationsgipfel bzw. von der Podiumsdiskussion? Auf was freuen Sie sich bzw. was wünschen Sie sich?
Als Leiter eines Fraunhofer-Instituts in Sachsen (Fraunhofer MOEZ, Leipzig) steht für mich das Erkenntnisinteresse im Vordergrund, um die angewandte Forschung und Wissenschaft nutzbringend für die Gesellschaft und vor allen Dingen für die Wirtschaft als geborene Innovatoren voranzubringen. Der permanente Dialog und Plattformen wie der Innovationsgipfel, die zum Austausch von Ideen und neuen Erkenntnissen dienen, sind hierbei unverzichtbar. Der schon traditionelle Sächsische Innovationsgipfel erfüllt diese Aufgabe und bringt Menschen zusammen. Dort werden im wahrsten Sinne des Wortes neue Ideen geboren. Der Mensch ist der Dreh- und Angelpunkt für Innovationen und innovative Methoden. Co-Creation und Lead User Innovation sind Formen von Open Innovation. Es gibt hier eine sehr große Vielfalt an Vorgehensweisen. Interessante neue Beispiele und Einsichten in unterschiedliche Branchen stellen die Grundlage für neue Ideen dar. Ich freue mich auf viele interessante Gespräche mit sächsischen Unternehmen über deren Interesse und Bedarf an Co-Creation-basierten Geschäftsmodelle. Innovative Unternehmen die sich den Herausforderungen der globalisierten Welt stellen, finden im Fraunhofer MOEZ einen Problemlöser und Unterstützer. Möglicherweise entsteht dort eine Co-Creation mit unseren nächsten Kunden aus der sächsischen Wirtschaft.
Globale Chancen erfolgreich nutzen – Fraunhofer MOEZ
Das Fraunhofer MOEZ entwickelt wissenschaftlich fundierte, ganzheitliche Lösungen für Unternehmen und Regionen. Die Herausforderungen der Globalisierung als Chancen zu begreifen und erfolgreich zu nutzen ist unser Ziel. Die anwendungsorientierte Praxis der Fraunhofer-Forscher reicht von Potenzialanalysen über die Konzeption und Umsetzung von internationalen Projekt- und Geschäftsmodellen sowie Netzwerkaktivitäten bis hin zum Wissens- und Technologietransfer.
Das Institut und seine Köpfe besitzen ausgewiesene Kompetenzen in den Bereichen Internationalisierung, Innovations- und Technologiemanagement, Strategieentwicklung sowie Wissensökonomie und Forschungsmarketing. Derzeit bearbeiten rund fünfzig Vollzeitmitarbeiter Projekte für Unternehmen, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, sowie Projekte im Rahmen des 7. Forschungsrahmenprogramms der Europäischen Union, Projekte des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, des Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.