futureSAX-Interview mit Roy Kaiser
Deep Dive: Seed-Finanzierung von Peeriot aus Leipzig
Im Interview mit Roy Kaiser, Gründer der Peeriot GmbH, erfahren Sie, wie ein sächsisches Startup mit einer innovativen Technologie die IoT-Welt neu denkt.
Inspirierte Ansätze, ein starkes Team und richtungsweisende Entscheidungen prägen die Erfolgsgeschichte des Unternehmens. Die Antworten bieten spannende Einblicke in die Herausforderungen und Chancen auf dem Weg von der Gründung bis zum internationalen Markt.
futureSAX: Zu einer erfolgreichen Gründung gehört nicht nur eine gute Idee, sondern auch Know-how und unternehmerisches Denken. Wodurch hast du letzteres gelernt/aufgenommen?
Roy Kaiser: Schon früh kam ich durch meine Familie, die selbst unternehmerisch oder als Geschäftsführer in einem größeren Unternehmen tätig waren, mit dem Unternehmertum in Kontakt. Noch während meines Abiturs gründete ich meine erste kleine Firma, was mir einen ersten praktischen Einblick in die Unternehmenswelt gab. Mein Wirtschaftsingenieurstudium hat dieses Fundament weiter gestärkt.
Mein Management-Trainee-Programm und meine Arbeit als Manager und Consultant bei einem Tech-Konzern halfen mir, verschiedene Unternehmensbereiche kennenzulernen und ein umfassendes Verständnis für das Gesamtgefüge eines Unternehmens zu entwickeln.
Die wahrscheinlich größten Learnings in unternehmerischem Denken hatte ich jedoch in meiner Rolle als Head of Operations in einem Deep-Tech-Startup, wo ich die operativen Herausforderungen eines wachsenden Tech-Unternehmens hautnah spüren durfte.
Aber meine Mitstreiter stehen mir da in nichts nach – ganz im Gegenteil: Ralf hatte ein Software-Startup im TelCo-, Dirk ein Software-Startup im Halbleiter-Bereich, Olaf eine IT & Medien-Agentur in Magdeburg und Ben ein IT-Security-Startup in Sydney aufgebaut; und Erik war lange als Software-Freelancer tätig.
Daher denke ich, dass wir als Team unternehmerisch sehr gut aufgestellt sind.
futureSAX: Weih uns nun kurz ein: Was ist die Vision von Peeriot und was macht das Unternehmen einzigartig gegenüber der Konkurrenz?
Roy Kaiser: Uns beschäftigt die Frage, wie sich IoT-Systeme deutlich intelligenter vernetzen lassen. Große IoT-Systeme bestehen aus Tausenden von Komponenten. Der Aufwand für den Aufbau, den Betrieb und die Pflege ist immens. Wir entwickeln eine Software, die diesen Aufwand dramatisch reduziert. Dazu haben wir uns angeschaut, wie die Natur solche Probleme löst. In den Ökosystemen agieren Millionen von Zellen und Individuen komplett selbstorganisiert. Genau das hat uns für unsere Software ‚Peeriot.Swarm’ inspiriert. Unsere Vision sind selbst-organisierte IoT-Netzwerke, bestehend aus eigenständigen Einheiten, die ähnlich wie Zellen in einem Organismus autonom miteinander kommunizieren und interagieren; und ihre Informationen kollektiv verwalten können. In der Biologie Milliarden Jahre alte Prinzipien, in der IoT radikal neu und bahnbrechend.
„Unsere größte Herausforderung besteht darin, ein hochkomplexes Deep-Tech-Software-Produkt zu entwickeln, das keine physische Komponente hat, ohne grafische Benutzeroberfläche auskommt und eine komplett neue IoT-Welt ermöglicht”
futureSAX: Was macht dein Team dahinter besonders und wie kamt ihr zusammen?
Roy Kaiser: Was unser Team so besonders macht, ist die einzigartige Kombination aus tiefem technischen Know-How, umfangreicher High-Tech Branchen- sowie Startup-Erfahrung.
Benjamin de Waal, unser Visionär und Impulsgeber, bringt nicht nur seine beeindruckenden Erfahrungen als Leader Global Innovation bei Konica Minolta ein, sondern als bekannter Influencer in der Bitcoin-Community auch seine Leidenschaft für dezentrale Systeme. Seine technische Weitsicht und Innovationskraft gaben den Zündfunken sowie die Vision zu Peeriot.
Ralf Hüskes, unser Tech & Product-Experte, kümmert sich nicht nur um die Konzeption unserer mächtigen Technologie, sondern auch darum, ein skalierbares Produkt zu konzipieren und an den Markt zu begleiten. Er war zuvor Head of Product bei einem führenden Software-Hersteller im InsurTech-Bereich und hatte in den 2000ern ein Unternehmen im Telco-Bereich aufgebaut.
Dr. Dirk Ortloff, unser Head of Research and Architecture, kümmert sich nicht nur darum, zusammen mit unserem Senior Developer-Team eine leistungsfähige und sichere Software-Architektur zu konzipieren, sondern auch darum, unsere Research Streams zu managen. Dirk ist nicht nur erfolgreicher Serial Entrepreneur, sondern war auch der Gesamtsystemarchitekt vom deutschen LKW-Maut-System.
Erik Junghanns, unser Lead Developer kümmert sich um die Software-technische Umsetzung. Seine langjährige Erfahrung als Senior-Entwickler und Solution Architekt im Netzwerk- und Embedded-Bereich machen ihn zu einem unersetzlichen Teil unseres Teams.
Olaf Wiefeldt, unser Networker und Impulsgeber, unterstützt uns mit seiner langjährigen Erfahrung als Unternehmer einer Software- und Medienagentur bei der Projektakquise und -umsetzung sowie im Marketing.
Im Team nehme ich die Manager-Rolle wahr und kümmere mich neben den kaufmännischen Themen vor allem darum, eine performante und skalierbare Organisation aufzubauen.
Was uns darüber hinaus besonders macht, ist unsere vertrauensvolle, langjährige Zusammenarbeit und das gegenseitige Verständnis für unsere Stärken. Ben und ich lernten uns durch unsere gemeinsame Arbeit in einem Deep-Tech-Startup in Dresden kennen. Er: Head of Technology, ich: Head of Operations. Ben hatte die ursprüngliche Idee für Peeriot und konnte mich schnell dafür begeistern. Erik kannte ich seit unserer Schulzeit und hatte in der Zwischenzeit eine beeindruckende Karriere als Software-Entwickler hingelegt. Mit Olaf hatte ich in meiner Zeit im Konzern ein sehr erfolgreiches Software-Projekt umgesetzt, ich als Auftraggeber, Olaf als Dienstleister. Beide waren schnell Feuer und Flamme für unser Vorhaben. Dirk traf ich auf einem Startup-Event noch vor der Gründung. Sein Know-how als Senior Technologie und Serial Entrepreneur passte perfekt zum Projekt und zum Team, zunächst als Startup-Coach, nun als Head of Research & Architecture. Ralf füllte nicht nur genau die Position des damals noch fehlenden Produkt-Guys, sondern war der perfekte Fit zu mir, um mit mir das Unternehmen zu führen.
futureSAX: Was waren eure bisher größten Herausforderungen und gab es entscheidende Pivots?
Roy Kaiser: Unsere größte Herausforderung besteht darin, ein hochkomplexes Deep-Tech-Software-Produkt zu entwickeln, das keine physische Komponente hat, ohne grafische Benutzeroberfläche auskommt und eine komplett neue IoT-Welt ermöglicht. Gemäß Ford: „Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt: schnellere Pferde.“
Hinzu kamen die äußeren Umstände: Die Corona-Pandemie und der Beginn des Ukrainekrieges haben sowohl die globale Wirtschaft als auch die Dynamik in den Technologiemärkten stark beeinflusst. Dies machte es nicht gerade leichter, Kapital für ein kapitalintensives Projekt zu akquirieren. Das erste Investment ist bekanntlich das schwierigste – das kann ich bestätigen.
Unsere Idee war von Anfang an sehr groß und weitreichend. Unser Fokus lag daher darauf, den eigentlichen Kern der Lösung herauszuschälen und daraus ein vermarktbares Produktkonzept zu entwickeln. Der mit Abstand größte Sprung war in 2023, als wir uns entschieden, unseren ursprünglichen Netzwerkprotokoll-Ansatz in Richtung einer selbstorganisierten Datenverwaltung weiterzuentwickeln. Dadurch bieten wir nun eine End-to-End Lösung für Kunden, die generalistisch als Standard-Produkt für viele Use Cases einsetzbar ist. Ein echter Durchbruch.
futureSAX: Wie hast du die neu investierten Kapitalgebenden kennengelernt und was würdest du kapitalsuchenden Startups raten?
Roy Kaiser: Der Kontakt zum Technologiegründerfonds Sachsen (TGFS) entstand auf einer Pitch-Veranstaltung in Berlin von futureSAX über unseren Lead Business Angel Thomas Schmidt, der schon zuvor in Peeriot investiert hatte.
Die bm|t beteiligungsmanagement thüringen gmbh haben wir durch unsere Teilnahme am TRIP Accelerator in Thüringen kennengelernt.
Als mitteldeutsches Startup war dies die perfekte Kombination und gemeinsam haben wir genau die Power, die wir für unser Thema benötigen.
Als Triathlet kann ich anderen Gründern folgendes mit auf den Weg geben: Stecke dir anspruchsvolle Ziele, bereite dich langfristig und sehr diszipliniert in allen Disziplinen vor, sei bereit für einen ausdauernden Kampf – und das Wichtigste: don´t give up.
futureSAX: Wo geht es jetzt mit frischem Kapital für euch hin und wo siehst du Peeriot in etwa 5 Jahren?
Roy Kaiser: Mit dem frischen Kapital aus unserer Seed-Runde ist unser primäres Ziel, das MVP zu finalisieren und erste bezahlte Proofs of Concept (PoCs) umzusetzen. Dieser Meilenstein wird uns nicht nur in eine Position versetzen, um unsere Technologie in realen Umgebungen zu testen und ihre Marktakzeptanz zu validieren, sondern auch um Elemente dieser „neuen Welt“ am lebenden Objekt zu demonstrieren.
Wenn ich an die nächsten fünf Jahre denke, sehe ich Peeriot als ein weltweit bekanntes und international tätiges IoT-Startup, welches eine Vorreiter-Rolle einnimmt, im dann sehr gehypten Bereich der selbstorganisierten IoT, was wir #PeerIoT nennen.
futureSAX: Dein Learning deiner bisherigen Reise, welches du gern weitergeben möchtest, in einem Satz:
Roy Kaiser: Ein zentrales Learning ist, dass es deutlich schwieriger ist, mit einer disruptiven High Impact-Technologie Kapital zu beschaffen, als man annimmt.
futureSAX: Wie konnten Sie Peeriot mit Ihrem Erfahrungsschatz unterstützen und wie pflegen Sie den Kontakt mit Ihrem Portfolio?
Thomas Schmidt (be-exponential GmbH): Ich kam Anfang 2022 mit dem Gründerteam von Peeriot in Kontakt, da ich den Ansatz zur Vereinfachung der immer komplexer werdenden IoT-Welt faszinierend finde. IoT-Geräte sind im Alltag unverzichtbar geworden, oft ohne dass wir sie bewusst als solche wahrnehmen. Dass dafür im Hintergrund sehr viel Knowhow und Aufwand notwendig ist, merken meist nur die zahlreichen Entwickler, die es braucht, diese Netzwerke aufwändig einzurichten und zu pflegen. Und genau dies will Peeriot automatisieren. Eine riesige Herausforderung, bedenkt man, dass es aktuell etwa 18 Milliarden IoT-Geräte weltweit gibt – mehr als das Doppelte der Weltbevölkerung. In 10 Jahren sollen es bereits 50 Milliarden sein.
Da ich selbst ein Unternehmen aufgebaut habe, in dem über eine Million vernetzter Fahrzeuge Daten in Echtzeit austauschen, fand ich dies in meiner jetzigen Rolle als Angel-Investor sehr spannend und passend. In zahlreichen Gesprächen und Meetings mit dem Team haben wir die Vision in realisierbare Meilensteine heruntergebrochen und deren Finanzierungsbedarf intensiv diskutiert. In der Pre-Seed-Runde habe ich das Team als Lead-Angel begleitet, in welcher Peeriot stets effektiv mit seinen Ressourcen umging und auftretende Herausforderungen sehr gut meisterte. Das Team ist auch in der Lage, seine Stärken und Schwächen selbst zu reflektieren und daraus Änderungen für die Zukunft abzuleiten.
Ich freue mich besonders, dass in der Seed-Runde Mitte 2024 mit dem TGFS und die bm-t nun gleich zwei starke VCs Peeriot bei der Erreichung ihrer großen Vision unterstützen.
Die Zusammenarbeit im größeren Gesellschafterkreis läuft weiterhin hervorragend. Mit meiner Erfahrung als Serial-Entrepreneur kann ich sicher noch einiges beitragen. Ich freue mich, Teil dieses Weges zu sein und hoffe, dass Peeriot zu einem globalen Unternehmen heranwächst, das die IoT-Landschaft signifikant beeinflussen wird. Die Voraussetzungen sind geschaffen – jetzt heißt es: MACHEN!
Tam Dau (Junior Investment Manager TGFS, CFH Management GmbH, TGFS Technologiegründerfonds Sachsen | WMS Wachstumsfonds Mittelstand Sachsen): Bei Peeriot handelt es sich um ein DeepTech-Unternehmen mit einem industrieerfahrenen Management, das bereits erste Pilotprojekte mit ihrem Show Case erzielen konnte. Mit ihrer IoT-Softwarelösung für selbstorganisierte Geräteverbindungen und Datenverwaltung bieten sie signifikante Vorteile gegenüber bestehenden Technologien und können den Kunden einen klaren Mehrwert aufzeigen, vor allem im Bereich von Kostenreduzierung und Effizienzsteigerung.
Das Gründerteam von Peeriot überzeugt nicht nur durch seine tiefgehende technische Expertise, sondern auch durch einen gut strukturierten und zielgerichteten Arbeitsansatz sowie ein stets professionelles Auftreten. Ihre Erfahrung im Bereich DeepTech, kombiniert mit ihrem unternehmerischen Denken, hat uns letztlich von der Investition überzeugt.
Stephan Beier (Senior Investment Manager, bm-t beteiligungsmanagement thüringen GmbH): Das Unternehmen peerIoT befindet sich zwar noch in einer frühen Entwicklungsphase, doch bereits jetzt zeigt die vom Unternehmen entwickelte Software, wie der Aufwand beim Erstellen von komplexen IoT-Netzwerken erheblich verringert werden kann. Damit adressiert das Unternehmen einen wesentlichen Kostentreiber und ein Hemmnis für den Auf- oder Umbau vernetzter Industrieanlagen oder Infrastruktur. Neben dem innovativen und einzigartigen technischen Ansatz hat uns aber vor allem das sehr professionelle und gut strukturiert arbeitende Team überzeugt.
Und da das Unternehmen seine Wurzeln sowohl in Thüringen als auch in Sachsen hat, bot sich ein gemeinsames Investment mit dem TGFS aus Sachsen an. Tatsächlich haben wir in den letzten Jahren erlebt, dass die Bundesländer Thüringen und Sachsen – zumindest in der Startups-Szene - immer mehr zusammenwachsen. Die Industrie- und Hochschuldichte ist ähnlich und durch die gute Infrastruktur ist auch ein Pendeln zwischen den Standorten problemlos und schnell möglich.
Tatsächlich haben wir bereits bei 5 Unternehmen gemeinsam mit unseren Kollegen aus Sachsen investiert und agieren sehr kooperativ – denn am Ende haben wir beide – neben dem Fokus auf Rendite – die Stärkung der Region Mitteldeutschland im Fokus.
Weitere Angebote für Sie:
Ihre Ansprechpartnerin bei futureSAX
Jessica Lietze
Senior Projektmanagerin
Kapitaltransfer & Investoren-Netzwerk
Jessica gefällt das Verknüpfen von scheinbar Unterschiedlichem, das zusammen eine größere Einheit ergibt. In ihrem Masterstudium der Betriebswirtschaftslehre spezialisierte sie sich neben Management und Marketing auf Accounting und Human Resources, um Wechselwirkungen zu erkennen und die Ganzheitlichkeit erfassen zu können. So lernte sie auch als Werkstudentin und Projektleiterin in einer Gründungsberatung, ihr kreatives, als auch analytisches Interesse zu verknüpfen. Privat begeistert sie sich für Kunst und reisen, wobei sie Schritt für Schritt die Welt mit all ihren Details und Gegensätzen erschließen möchte. Im Sommer ist sie als Betreuerin in einem Kinderferienlager ehrenamtlich tätig.