futureSAX-Interview mit Kerstin Lehmann
„Der Transferprozess ist jedoch kein Selbstläufer"
futureSAX-Interview mit Kerstin Lehmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin Zentrum für Produktionstechnik und Organisation an der TU Dresden (CIMTT)
Wissenschaft und Wirtschaft sind wichtige Bereiche, welche mancherorts durch bessere Vernetzung erfolgreicher sein könnten - auch grenzübergreifend. Dies zu ermöglichen, ist das Ziel von CIMTT – Zentrum für Produktionstechnik und Organisation an der TU Dresden. Einblicke in die Arbeit von CIMTT gibt es von Kerstin Lehmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei CIMTT, aus erster Hand im Interview.
futureSAX: Bitte beschreiben Sie Ihre Einrichtung in wenigen Worten.
Kerstin Lehmann: Das CIMTT ist das Kompetenzzentrum an der Fakultät Maschinenwesen der TU Dresden. Es entwickelt und realisiert seit seiner Gründung 1991 Transfer- und interdisziplinäre Forschungsprojekte. Professor Schmauder ist Direktor unserer Transfereinrichtung und Frau Ott fungiert als Koordinatorin. In dem interdisziplinär zusammengesetzten Wissenschaftlerteam beschäftigen sich vier Mitarbeiterinnen (siehe Foto) speziell mit Transferforschung und Transferpraxis. Einerseits ermöglicht uns die Nähe zu den 56 Professuren an der Fakultät einen Überblick über aktuelle anwendungsbereite Forschungsergebnisse. Andererseits sind wir in der Region mit Unternehmen und Institutionen unterschiedlicher Handlungsfelder gut vernetzt und haben somit beste Voraussetzungen um als Intermediär zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu agieren.
futureSAX: Welche Bedeutung hat der Wissens- und Technologietransfer für die wirtschaftliche Entwicklung im Allgemeinen und für Ihre Einrichtung und Region im Speziellen?
Kerstin Lehmann: Der Wissens- und Technologietransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft trägt erheblich zur Entwicklung von Innovationen und damit zum wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen und Regionen bei. Der Transferprozess ist jedoch kein Selbstläufer, sondern bedarf einer systematischen Unterstützung – besonders bei der von kleinen und mittleren Unternehmen geprägten Wirtschaftsstruktur, wie sie in Sachsen vorzufinden ist. Deshalb realisieren wir nicht nur Transferprozesse, sondern forschen, wie der Prozess einfacher und effektiver gestaltet werden kann. Wir hoffen, dass die Ergebnisse unserer Transferforschung auch Impulse für die zukünftige Innovationsstrategie, besonders für die Ausgestaltung der Rahmenbedingungen, z. B. durch zielgerichtete Förderprogramme, geben können.
futureSAX: In welcher Rolle sehen Sie sich beim Wissens- und Technologietransfer?
Kerstin Lehmann: Das CIMTT Zentrum für Produktionstechnik und Organisation nimmt im Wissens- und Technologietransfer die Rolle des wissenschaftsnahen Intermediärs ein. Dabei sehen wir unsere primäre Aufgabe darin, Innovationen durch aktive Transferarbeit in der mittelständischen Wirtschaft anzuregen und die Zusammenarbeit von Forschungseinrichtungen, Unternehmen und politischen Gremien in gemeinsamen Innovationsvorhaben mit Fachkompetenz zu begleiten. Als Kompetenzzentrum an der Fakultät Maschinenwesen der TU Dresden können wir auf über 25 Jahre Erfahrungen im Wissens- und Technologietransfer zurückblicken und können behaupten, uns in der sächsischen Transferlandschaft erfolgreich etabliert zu haben. Mit einem interdisziplinärem Team, das aus wissenschaftlichen Beschäftigten aus den Fachbereichen Arbeitsorganisation, Arbeitsgestaltung, Fabrikplanung, Arbeitspsychologie und Soziologie besteht, ist es uns möglich, Transferleistungen, wie bspw. Anbahnung von Forschungskooperationen oder das Management von Forschungsprojekten, effizient umzusetzen. Um die Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu fördern, nutzen wir verschiedene eigene niedrig-schwellige Transferformate, wie z. B. Innovationsbörsen oder Besuchsprogramme. Bisher haben wir diese Formate erfolgreich in Sachsen und teilweise auch schon in Tschechien etabliert. In unserem aktuellen Central Europe Projekt „TRANS³Net“ bearbeiten wir diese Thematik nun auch im Dreiländereck Sachsen-Tschechien-Polen.
"Mit einem interdisziplinärem Team, das aus wissenschaftlichen Beschäftigten aus den Fachbereichen Arbeitsorganisation, Arbeitsgestaltung, Fabrikplanung, Arbeitspsychologie und Soziologie besteht, ist es uns möglich, Transferleistungen, wie bspw. Anbahnung von Forschungskooperationen oder das Management von Forschungsprojekten, effizient umzusetzen. Um die Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu fördern, nutzen wir verschiedene eigene niedrig-schwellige Transferformate, wie z. B. Innovationsbörsen oder Besuchsprogramme. Bisher haben wir diese Formate erfolgreich in Sachsen und teilweise auch schon in Tschechien etabliert."
Kerstin Lehmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin Zentrum für Produktionstechnik und Organisation an der TU Dresden (CIMTT)
futureSAX: Sie sind auch Mitglied des futureSAX-Know-how-Netzwerkes. Was war Ihr Beweggrund Teil des Netzwerkes zu werden?
Kerstin Lehmann: Ergebnisse aus unserer Transferforschung haben gezeigt, dass sich vor allem kleinst- und kleine Unternehmen beim Zugang zur Wissenschaft immer noch schwer tun. Vor allem an Universitäten besteht das Problem für eine spezielle Fragestellung den richtigen Ansprechpartner in der universitären Organisationsstruktur zu finden. Deshalb können wir es nur begrüßen, wenn sich die im Transfer tätigen Akteure über ein Netzwerk präsentieren können. Somit werden die Transferakteure für die Unternehmen aber auch für andere im Transfer tätige Personen sichtbar. Der gegenseitige Austausch zum Nutzen von Synergien steht dabei aus unserer Sicht im Vordergrund. Inzwischen existieren bereits zahlreiche Netzwerke dieser Art. Auch am CIMTT ist ein Kompetenzatlas entstanden, der ca. 70 sächsische Transferakteure mit einem sehr ausführlichen Kompetenzprofil abbildet. Sinnvoll erscheint uns an der Stelle, diese einzelnen Netzwerke miteinander zu verschmelzen. Bei einer zentralen Lösung könnte auch der Pflegeaufwand minimiert werden.
futureSAX: Wo liegen Ihrer Meinung nach noch ungenutzte Transferpotenziale?
Kerstin Lehmann: Unsere bisherigen grenzübergreifenden Projekte haben gezeigt, dass noch erhebliche Transferpotenziale in der Zusammenarbeit mit Intermediären, Forschungseinrichtungen und Unternehmen in unseren Nachbarländern Tschechien und Polen liegen. Die Kooperation zwischen Intermediären aber auch die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft wird derzeit noch sehr stark durch interkulturelle und die bekannten Barrieren zwischen Wissenschaft und Wirtschaft verhindert. Mit unserem Projekt TRANS³net, das darauf abzielt, die „Transferpromotoren“, also Intermediäre im Transferbereich transnational zu vernetzen, möchten wir dazu beitragen, diese Barrieren abzubauen und die Kooperation zwischen Transferpromotoren als Kontaktpunkte zu Wissenschaft und Wirtschaft zu intensivieren.
Mehr Informationen zu CIMTT finden Sie hier.